Ein Leserbrief von Dr. Max Wudy als Antwort auf einen Artikel in der NÖ Krone vom Sonntag, den 19.12.21, Seite 36 und 37 – Behandlung darf nicht erst im Krankenhaus beginnen

Es mutet seltsam an, dass gerade der Spitzenvertreter einer Partei, die die Corona-Pandemie verharmlost und die massiv gegen das Impfen mobil macht, Ratschläge zur Behandlung der angeblich so harmlosen Krankheit gibt. Zudem wird suggeriert, dass Hausärzte in der Behandlung von an Covid-19 Erkrankten nicht an vorderster Front stünden. Das Gegenteil ist der Fall.

Daher möchte ich einiges festhalten: 
1. Die NÖ Hausärzte sind seit Beginn der Pandemie die erste Anlaufstelle in Diagnostik und Behandlung aller Krankheiten. Auch von SARS Covid – bereits ab 2019!

2. Gerade am Anfang fehlte es an allen Ecken und Enden an Schutzmaterial. Trotzdem wurden teils mit selbstgebastelten, adaptierten Maleranzügen und ähnlichem, der Ordinationsbetrieb und die Visitentätigkeit aufrechterhalten.

3. Im ersten Pandemiejahr fielen in den Ordinationen 3.000 Schließtage (Urlaube und Fortbildung) weniger an als im Vergleichsjahr davor! Und dass, obwohl durch Fehlinformationen der Öffentlichkeit die Konsultationen im zweistelligen Prozentbereich zurückgingen.

4. Es wurde gemeinsam mit Notruf NÖ ein Covid-Besuchsdienst geschaffen, dieser wurde nach wenigen Wochen einseitig aufgekündigt. Allerdings nicht von der Ärzteschaft.

5. Eine Forderung nach Zuschlägen für die Visitentätigkeit bei mit Covid Erkrankten verhallte bis dato ungehört.

6. Neben Covid gibt es rund 70.000 weitere, oft genauso schwerere Erkrankungen, die in bewährter Manier von den Hausärzten behandelt und gemanagt werden.

7. Mehr als 50 Prozent aller Impfungen wurden in NÖ von der niedergelassenen Ärzteschaft, darunter über 90 Prozent Hausärzte, durchgeführt. Und dies trotz oft seltsamer Behinderungen in der Terminvergabe und bei der Impfstoffvergabe.

8. Es wäre höchst an der Zeit, dem Hausarzt jenen Stellenwert zuzueignen, der ihm aufgrund seiner Verantwortung für das Gesundheitswesen zusteht. Stattdessen wird die Ärzteschaft seit Jahren teilweise nicht mehr oder nur unzureichend in wichtige gesundheitspolitische Entscheidungen eingebunden. Damit verzichtet man auf essenzielle Expertise und wertvolle personelle Ressourcen.

9. Es ist ein einfaches Rechenbeispiel: Bricht nur ein einziges Prozent im hausärztlichen Bereich weg, würden Ambulanzen und Spitäler um 50 Prozent mehr belastet werden. Immerhin behandeln Hausärzte alleine in NÖ rund 300.000 Patienten pro Woche.

10. Wo ich persönlich Herrn Landbauer recht geben muss, ist, dass „die Betreuung von Corona-Kranken in die Hände von erfahrenen Hausärzten und nicht ins Callcenter gehört“. Dort allerdings ist sie, so wir informiert und gerufen werden. Hier gäbe es genug Verbesserungsbedarf. Es erfahren zwar die Bürgermeister, wer im Ort in Quarantäne ist, nicht aber deren behandelnde Ärzte. So wird „Notruf 1450“ von der Politik als alleinseligmachende Hilfe bei einer Corona-Erkrankung gepriesen, auf die Hausärzte wird schlicht vergessen. Beraten und behandeln können wir ausschließlich Patienten, von denen wir auch wissen.

Gerade der Beginn der Pandemie hat die Wichtigkeit der Hausärzte gezeigt. Während es in der Lombardei, die über kein funktionierendes Hausärztewesen verfügt, zur Katastrophe kam, konnten die Auswirkungen in Österreich eben durch dieses von manchen Verantwortungsträgern geschmähte Hausärztesystem aufgefangen werden. Auf diese Weise meisterten wir die erste Welle relativ bravourös. Dass der Vorsprung mutwillig verspielt wurde und gerade dieser Tage auch durch parteipolitische Lügen der Gesundheitssprecherin einer Oppositionspartei in ein holpriges Nachstolpern verkehrt wurde, bedarf einer eingehenden Analyse. Bis dahin sind Ratschläge von dieser politischen Seite mehr als entbehrlich!

Dr. Max Wudy, Hausarzt

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