Als das Land NÖ, Notruf 144 und die Österr. Gesundheitskasse jüngst eine neue Notfallbetreuung präsentierten, nämlich das sogenannte Acute Community Nursing (ACN), setzte die neue Kurienobfrau einen eigenwilligen Aufruf zum Protest ab. „Wollt ihr das alle so haben?“, adressierte sie in einem sozialen Medium einen Teil der NÖ-Ärzteschaft um provokant hinzuzufügen. „Oder protestieren wir mal ordentlich dagegen!?“

Verhandlungsschwäche?

Es war offenkundig, dass der Kurienobfrau die Idee von Land NÖ und Notruf 144 nicht gefällt. Kritik zu äußern und zu verändern ist okay – aber das kann man besser machen. „Kammer besser machen“ – mit diesem oder ähnlichen Postulaten trat die neue Kurienobfrau zur Ärztekammerwahl an. Gelungen ist das bislang leider nicht.

Denn: Die Aufgabe einer Kurienobfrau ist es, anständig zu verhandeln und Lösungen mit dem Gegenüber zu finden. Zum Protest aufzurufen sowie die bereits sehr belastete Ärzteschaft weiter „aufzuganserln“ und zu frustrieren, fällt nicht unter die Kategorie verantwortungsvolles Agieren an der Spitze einer Interessensvertretung und deutet eher auf Verhandlungsschwäche hin.

Verhandeln ist das Mittel zur Wahl! Zuerst gilt es die Hausaufgaben in den eigenen Reihen zu erledigen um sich für Verhandlungen gut zu positionieren. Davon ist man meilenweit entfernt, unken so manche in der Ärzteschaft. Gerade die Einführung eines Acute Community Nursings sei die Folge, dass in immer mehr Bezirken keine hausärztliche Notfallversorgung zu Wochenenden und zu Randzeiten gewährleistet ist. Der Grund ist die Weigerung vieler zu den genannten Zeiten freiwillig Dienst zu versehen. Nur in Bezirken, in denen die Ärzteschaft gut und umsichtig zusammenarbeitet und sich koordiniert, läuft die Sache rund. Dass man seitens der Gesundheitspolitik darauf reagiert und nach Alternativen sucht, sei daher logisch. Schließlich gehe es um die Versorgung der Bevölkerung.

Unterversorgte Bezirke zu Randzeiten – sprengelfremde Patienten

Im Zentralraum etwa, hat eine einzelne Hausarzt-Praxis monatelang an Wochenenden und zu Randzeiten große Teile des Bezirks und der Stadt St. Pölten medizinisch versorgt. Und das trotz eines vorhandenen neuartigen Primärversorungszentrums (PVZ). Aber auch in anderen großen Bezirken versieht an Wochenenden oft nur eine Ordination Dienst. „Da kommen viele Patienten aus anderen, fremden Sprengeln“, erzählt eine junge praktische Ärztin. „Zum letzten Wochenende waren es wieder 70 sprengelfremde Patienten.“ Oft bleibt daher alles an einer Ärztin, an einem Arzt hängen und führt zu unnötiger Überlastung. Gute Versorgung sieht anders aus.

CCC: ACN ist sinnvolle Ergänzung

Dass in manchen Bezirken die hausärztliche Notfallversorgung an Wochenenden ausfällt, ist daher ein mittlerweile häufig beobachtetes Phänomen.

Christof Constantin Chwojka (CCC) von Notruf 144, seiner Ideen und seines Auftretens wegen gegenüber der Ärzteschaft nicht unbedingt deren Liebling, aber hier der Objektivität halber vom Autor dieser Zeilen zum Thema befragt, meint dazu: „In einer idealen Welt gibt es einen Hausarzt, der auch in Randzeiten zum Patienten fährt und im Akutfall hilft. Das ist vorbei.“

Daher, so CCC, müssen in den letzten Jahren Patienten in nicht lebensbedrohlichen Notlagen mit der Rettung ins Spital gebracht werden, etwa um einen Dauerkatheder zu wechseln. Das binde Ressourcen und könne auch von einer Fachkraft beim Patienten in dessen gewohnter Umgebung zu Hause erledigt werden. Erfahrenes diplomiertes Krankenpflegepersonal mit Notfallsanitäterausbildung könnte hier Abhilfe schaffen. Chwojka sieht das Acute Community Nursing nicht als Konkurrenz zu den Ärzten, sondern als sinnvolle Ergänzung. „Es entlastet teilweise die Ärzteschaft und garantiert eine sinnvolle Betreuung der Patienten.“

(wp/20DEZ2022)

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