Mangelnde Wertschätzung gegenüber Patienten und Ärzten ortete ein bekannter Hausarzt im Waldviertel, als die Gemeinde ohne Verständigung die Straße vor dem Arzthaus von einer Baufirma zu einer Baustelle mit Gefahrenpotenzial verwandeln ließ. Die Folge: Chaos für Patienten, die zum Arzt wollten und ein Unfall mit Spitalsfolgen.
Immer mehr Ärzte wenden sich bei Problemen direkt an die Öffentlichkeit. So geschah es auch in einem Fall im niederösterreichischen Waldviertel.
Dr. Christoph Preißl, der seine Arztpraxis in Kirchberg am Walde betreibt, traute seinen Augen nicht, als er die Ordination zu den üblichen Zeiten am verwichenen Montag (4.10.2021) öffnete. Vor seiner Ordination herrschte Chaos pur. Bagger hatten die Straße aufgerissen, LKW versperrten Patienten Zu- und Wegfahrt. In einer ersten Reaktion konfrontierte der Landarzt den Bürgermeister.
Ortschef: Hätten das vorher abklären sollen
„Wir wollten eigentlich, dass die Bauarbeiten erst am Nachmittag starten. Warum das nicht verschoben wurde, weiß ich nicht“, erklärt Ortschef Karl Schützenhofer im Interview. Er räumt etwas konsterniert ein: „Ja, wir als Gemeinde sind Auftraggeber und hätten vielleicht mit der Baufirma alles genauer fixieren müssen und ein Gespräch mit dem Polier führen sollen“. Andererseits wollte man rasch diesen Bauabschnitt vollenden, da in Kürze Schlechtwetter angesagt sei.
Patientin fiel in Schacht
Zu allem Überfluss kam es noch zu einem Unfall. Eine Patientin von Dr. Preißl stürzte in ein mutmaßlich mit einem Brett notdürftig abgesicherten Schacht, der für die Errichtung einer Straßenlaterne vorgesehen war, wie auch die Tageszeitung HEUTE hier berichtete.
Nach erster Hilfe durch anwesende Arbeiter und Hausarzt Preißl, musste die Verletzte in das nächstgelegene Landesklinikum gebracht werden.
Verletzte schrieb Beschwerdebrief an Bürgermeister
Auch wenn die Verletzung schmerzhaft war, „es hätte wesentlich schlimmer kommen können, wenn es eine ältere, gebrechliche Person oder ein Kind vom gegenüberliegenden Kindergarten betroffen hätte“, merkte Bianca K. als Betroffene sinngemäß in einem Beschwerdebrief an die Gemeinde an. Sie kritisierte zudem, dass die Bauarbeiten „weder durch Warnschilder noch sonstige Information gekennzeichnet“ gewesen seien.
„Keine Wertschätzung von Patient und Arzt“
„Dass man Patienten die ihren Arzt aufsuchen und Ärzte behandelt, zeugt nicht von sonderlicher Wertschätzung“, ärgert sich Hausarzt Preißl. Man dürfe sich daher nicht wundern, wenn es immer weniger Ärzte aufs Land zieht und die medizinische Versorgung der Bevölkerung daher abnimmt. Zudem hätte man in der Gemeinde gewusst, „dass ich eine Woche später auf Urlaub bin“, so Preißl.
Anzeige erstattet
Das Ganze wird nun ein Nachspiel haben: Das Landesklinikum erstattete im Rahmen der Behandlung der verletzte Patientin Anzeige über die Personenverletzung bei der Behörde. Für etwaigig Beschuldigte gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
(wp/Okt.2021)
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FOTOS (privat): Vor der Ordination von Dr. Christoph Preißl herrschte unerwartete Baustellenchaos.