„Das Land NÖ kann die niederschwellige ärztliche Versorgung durch niedergelassene Allgemeinmediziner und Fachärzte nicht mehr in der gekannten Qualität garantieren“, äußert Hausärztin Martina Heschl Sorge. Vor allem in ruralen Gebieten sei das bereits ein Problem. Hier müsse es größere Anstrengungen geben, dies zu ändern.

Heschl: Verpflichtende Lehrpraxis Allgemeinmedizin im Studium nötig!

Das Medizinstudium sei durchaus attraktiv. Zudem gebe es genügend Interessierte, allein: wenige schlagen den Ausbildungsweg zum niedergelassenen Allgemeinmediziner ein. Das liege vermutlich auch daran, dass Studierende zu wenig über den Beruf des Hausarztes vermittelt bekommen. Heschl sehe viele Möglichkeiten gegenzusteuern, u.a. durch eine verpflichtenden Lehrpraxis im Rahmen der Medizinerausbildung.

Forderung: Verpflichtende Lehrpraxis für alle!

„Allgemeinmedizin ist im Medizinstudium kein Pflichtpraktikum“, das müsse sich ändern. Nur, wer sich für den Beruf als Allgemeinmediziner entscheidet, hätte bislang eine sechsmonatige, ab heuer eine neunmonatige und ab 2027 eine einjährige Lehrpraxis zu absolvieren. Aber: 2027 sei zu spät! Angesichts der schlechter werdenden Versorgungslage im Bereich der Allgemeinmedizin müssten rascher Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

„Ärztekammer soll Druck ausüben“

„Entscheidungen diesbezüglich können jedoch nur auf Bundesebene getroffen werden“, so Heschl. Die Ärztekammer könne das zwar nicht ändern, aber Druck auf die Verantwortungsträger, etwa auf den Gesundheitsminister, ausüben. „Hier ist in Zukunft die Kammerführung vermehrt gefordert, sich einzubringen“. Sie fordert „verpflichtende Lehrpraxis für alle Fachgruppen“.

Lehrpraxis: „Kosten sind von öffentlicher Hand zu tragen“

Die Kosten für die Lehrpraxis in einer bestehende Ordination werden derzeit zu 25 Prozent von Bund, 30% von den Sozialversicherungen, 30% den Ländern und 15% vom Lehrpraxisbetreiber aufgeteilt. Heschl sieht die öffentlichen Hand in der Pflicht, die Kosten zur Gänze zu tragen: „Immerhin geht es um den medizinischen Nachwuchs und die Versorgung der Bevölkerung.“

Heschl fordert Tempo und Flexibilität

Allerdings: „Wir haben seitens der Ärzteschaft durch Verhandlungen schon einiges erreicht. Etwa die bisherige Teilfinanzierung der Lehrpraxis und die Verlängerung der Zeiten für die Lehrpraxis.“ Aber: „Es muss hier mehr weitergehen! Die Entwicklung zeigt, dass Handlungs- und Verbesserungsbedarf steigen.“ Die Verhandlungspartner auf Bundesebene und die Sozialversicherungsträger „müssten sich bei Entscheidungsfindungen flexibler und lösungsorientierter zeigen“, so Heschl. „Es kann ja nicht sein, dass man für alles so lange braucht oder wichtige Entscheidungen gar blockiert werden.“

Schnuppern

Heschl schlägt vor, angehenden Ärzten zu Beginn des Turnus eine Art „Schnuppern“ beim Hausarzt zu ermöglichen. „Das ermöglicht einen Einblick in den vielfältigen Beruf des Hausarztes und würde sicher Interesse erwecken.“ Sie selbst führt ihre Ordination schon jahrelang erfolgreich auch als Lehrpraxis. „Jungärzte bekommen bei mir einen Einblick in den medizinischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Alltag einer Ordination.“ Gerade von den beiden letzteren Bereichen wird im Studium wenig vermittelt. „Das ist für viele in der Ärzteschaft eine große Herausforderung und eine große Hemmschwelle, den Weg als Niedergelassener Mediziner, speziell als Hausarzt, zu beschreiten.“

Mutige Reformen angehen!

Heschl resümiert: Wollen wir in Zukunft die Versorgung durch niedergelassene Mediziner garantieren, bedarf es rascher, mutiger Reformen in der Ausbildung und die Bereitschaft der öffentlichen Hand, Ärzten den Start in die Selbständigkeit durch finanzielle Unterstützung leichter zu machen. Denn: Für die Eröffnung einer Ordination am Land werde „locker eine halbe Million Euro an Investitionen fällig“. „Das schreckt viele ab, die Folgen sehen wir täglich. Das muss sich ändern!“, so Heschl. Sie zeigt sich zuversichtlich, dass begonnene Verhandlungen auf vielen Ebenen bald erfolgreich sind.

Dr. Martina Heschl ist niedergelassene Allgemeinmedizinerin und ausgebildete Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Sie kandidiert für die Plattform „Die Niedergelassenen/IGMed/ARGUS/Hausarzt:konkret

(WP/16MAR2022) 

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