Im laufenden Wahlkampf stellte die Ärztekammer NÖ allen Wahlwerbern Fragen, die im Consilium – dem offiziellen Printmedium der ÄK – dieser Tage samt Antworten veröffentlicht werden. Es geht um Wahrnehmung und Beurteilung der Arbeit der Ärztekammer sowie um eine kurze Skizzierung etwaiger Pläne der jeweiligen Wahlgruppierung. Max Wudy, (Listenführer von Die Niedergelassenen/IGMed/ARGUS/Hausarzt:konkret) beantwortete die Fragen wie folgt: 

Allgemeiner Teil

Frage 1:

In welchem Wahlkörper tritt Ihre Fraktion an und warum?
Wir treten in der Kurie der Niedergelassenen an. Die Stärkung dieses Bereichs ist Grundvoraussetzung für ein funktionierendes und finanzierbares Gesundheitssystem. Die Pandemie offenbarte die dringende Notwendigkeit von Strukturverbesserungen. Wir haben die Pläne für Veränderungen!

Frage 2:

Wie beurteilen Sie die seit 1. Februar geltende COVID-19-Impfpflicht und ihre Umsetzung? 

Die teilweise erratische Herangehensweise von Politik und deren Beauftragten führte zu unnötigem Chaos. Durch gezielte und intensive Kooperation und Koordination mit der niedergelassenen Ärzteschaft wäre das Ziel der Durchimpfung vermutlich erreicht und eine Impflicht vermieden worden.

Frage 3:

Wie beurteilen Sie die umfassende Reform des Wohlfahrtsfonds und die Entwicklung des Spezialfonds Sirius 111, mit dem der Wohlfahrtsfonds sein Startkapital in den letzten zwölf Jahren verdreifachen konnte?
Die positive Entwicklung des Fonds zeigt den Erfolg der umgesetzten Reform! Eine Unterdeckung von über 656.000.000 € konnte abgebaut werden. Ich bin stolz auf den Spezialfonds. Ich freue mich, dass der Fonds mich überleben wird und nicht ich den Fonds! Eine Pensionsvalorisierung ist damit leistbar!

Frage 4:

Wie beurteilen Sie die Digitalisierungsoffensive in der NÖ Ärztekammer, wie z.B. das Online Pensionskonto und die einheitliche EDV-Plattform RS2, mit der die elektronische Einreichung von Krankenunterstützungsanträgen sowie Refundierungs- und Einkommensdatenmeldungen ermöglicht wurden?

Die Richtung stimmt! Eigentlich geht es uns zu langsam! Jegliche Kommunikation, die derzeit noch in Papierform abgewickelt wird, soll kurzfristig auf digitale Basis umgestellt werden. Damit schonen wir nicht nur unser aller Ressourcen, sondern auch die Umwelt!

Frage 5:

Wie beurteilen Sie die neue Kommunikation zwischen der Ärztekammer und ihren Mitgliedern? Vor allem die neu gestaltete Website, den Newsletter, der wöchentlich, während des ersten Lockdowns sogar täglich, versandt wurde, sowie den täglichen Pressespiegel?

Grundsätzlich positiv. Die Informationsflut während der Pandemie stieg allerdings ins Unermessliche und wurde unüberschaubar. Wir haben Pläne, weiter zu optimieren, etwa durch ein indiziertes, durchsuchbares eline-Archiv. Die Ausnutzung aller digitalen Möglichkeiten ist ein Muss.

Frage 6:

Der strukturelle Ärztemangel hat sich in den letzten Jahren weiter verschärft. Was sollte Ihrer Meinung nach dagegen unternommen werden?

Eine umfangreiche Ausbildungsreform ist nötig! Anpassung des Arztberufs an menschenfreundliche Arbeitsbedingungen, Bürokratieabbau, moderne Arbeitsmittel, akademische Bezahlung. Aufwertung der Gesprächsmedizin (Qualität statt Quantität!), Besinnung auf die ärztlichen Kernthemen Diagnose und Therapie!

Frage 7:

Wie beurteilen Sie ganz allgemein die Arbeit der Kammerführung während der letzten fünf Jahre? 

Im Wohlfahrtsfond wird die konsequente Arbeit der Kammer erkennbar. Die Pensionierung ohne Bedingungen mit 65 Jahren ist durchgesetzt. Die Pandemie offenbarte jedoch Optimierungsbedarf, so hat die politische Bedeutung der Kammerführung zuletzt stark gelitten. Transparenz hat teilweise gefehlt.

Frage 8:

Sollten Sie zur Präsidentin/zum Präsidenten gewählt werden, welche Maßnahme würden Sie als erstes umsetzen? 

Als erstes würde ich Gespräche mit dem Land, den Krankenkassen und dem Ministerium führen, um die Sicherung der gefährdeten Gesundheitsversorgung im niedergelassenen Bereich zu thematisieren.  Ich würde in die Kurienautonomie nicht eingreifen! Schaffung einer Nahtstelle statt Schnittstelle.

Frage 9:

Was ist Ihnen für die kommenden fünf Jahre in Bezug auf die Standespolitik besonders wichtig? Was wollen Sie den Ärztinnen und Ärzten noch mitteilen? 

Die Ärzteschaft gehört in den Fokus des Gesundheitssystems gerückt und darf nicht von anderen Berufsgruppen verdrängt werden (Apotheker, Community Nurses, Notruf NÖ…). Der Arztberuf muss als selbstständiger, selbstbestimmter Beruf erhalten bleiben. Kein Zwang, keine Honorarabschläge!

 

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Frage 1:

In Niederösterreich gibt es aktuell ein PVE Netzwerk und drei bzw. demnächst vier PVE Zentren, weitere sind in Vorbereitung. Wie beurteilen Sie die derzeitigen PVE-Modelle?
Generell ist ein Nebeneinander von PVE und Einzelordinationen zu begrüßen. Allerdings dürfen PVE nicht in Konkurrenz zur Einzelordination treten. Förderungen haben auch für Einzelordinationen zu gelten. Die Anschubfinanzierung für nicht besetzte Einzelpraxen ist der erste, richtige Schritt!

Frage 2:

Wie würden Sie die Primärversorgung regeln, wenn die Entscheidung alleine bei Ihnen liegen würde? 

Gleiche Bedingungen für unterschiedliche Niederlassungsformen sind ein Muss! Abgeltung von Vorhalteleistungen hat auch für Einzelpraxen zu erfolgen. Neue, zeitgerechte Honorarmodelle für alle Formen sind zu entwickeln.

Frage 3:

Mit Stand 21.2.2022 sind 42 bzw. inkl. Vertragsarztstellenpool sogar 55 Planstellen vakant. Was würden Sie unternehmen, um die Versorgungssituation im niedergelassenen Bereich zu verbessern? 

Die Vorhalteleistung muss durch die öffentliche Hand finanziert werden. Aufwertung der Allgemeinmedizin, Gleichstellung mit Fachärzt*innenen. Ausbildungsoffensive mit verpflichtender Lehrpraxis, finanzielle Ausgleich niedrig honorierter Fächer und vieles mehr ist umzusetzen.

Frage 4:

Die kumulierten Honorarabschlüsse der Jahre 2016 bis 2020 betrugen bei der Kurie der niedergelassenen Ärzte mit der ÖGK in Niederösterreich insgesamt 15,3 %, bei den Metallern 12,9 % und die Inflation betrug in diesem Zeitraum 8,1 %. Wie beurteilen Sie die Honorarabschlüsse der Kurie der letzten fünf Jahre?

Es waren gute 5 Jahre für die niedergelassenen Kassenärzte! Wir haben im österreichischen Vergleich aufgeholt. Weiteren Handlungsbedarf gibt es für die Zukunft: Aufwertung der Gesprächsmedizin, zeitgemäßer Honorarkatalog, Ende der Limitierungen – Leistungen müssen bezahlt werden!

Frage 5:

Wie beurteilen Sie die Situation für Wahlärztinnen und Wahlärzte, insbesondere im Hinblick auf Rezepturbefugnis, Abrechnung von Vorsorgeuntersuchungen und COVIG-19-Schutzimpfungen, Teilnahme an Disease-Management-Programmen sowie Kostenerstattung? Was sind Ihre Ideen zur Unterstützung von Wahlärztinnen und Wahlärzten? 

Hier besteht dringender Handlungsbedarf! Vollständige Anbindung der weitreichend systemrelevant gewordenen Wahlärzt*innen an die digitale Gesundheitswelt ist nötig! Der vollständige Zugang zur ELGA-Struktur ist erforderlich – auch im Sinne unserer Patient*innen!

Frage 6:

Wie beurteilen Sie die Arbeit der Kurienführung der niedergelassenen Ärzte während der letzten fünf Jahre? 

Sie bot lösungsorientierte, erfahrene, unaufgeregte Arbeit – keine lautstarken Halbwahrheiten. Die Pandemie zeigte allerdings Schwächen auf. Deshalb Ausbau der Kurienautonomie, eigenes Kurienbudget, Kurienmanager. Intensivierung des Kontakts zur Basis (offene Jour fixe) und zu den BÄV!

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