Alexander Pesendorfer aus Groß-Gerungs im Bezirk Zwettl ist mit Leib und Seele Hausarzt. Es ist ihm wichtig, seinen Beitrag im Kampf gegen das gefährliche Corona-Virus beizutragen. Der Mediziner will mithelfen, möglichst viele Menschen vor dem Krankheitserreger zu schützen. Eines Tages hätte er fast alle impfwilligen Patienten nach Hause schicken müssen.

Heikle Impfstoffe

An die teilweise mühselige Impfstoffbestellung samt Zuteilungsgenehmigung der Impfkoordinatoren Niederösterreichs haben sich schon viele Hausärzte gewöhnt. Dementsprechend haben sie sich organisiert. Da Lieferungen nicht immer zu den angesagten Zeiten erfolgen, arbeiten viele Ärzte mit Apotheken zusammen. Dorthin können Medikamente, speziell die heiklen Corona-Vakzine, geliefert und innerhalb weniger Sekunden in professionelle Kühlschränke verbracht werden. Und zwar auch an Tagen, an denen eine Ordination nicht geöffnet ist.

Arzt und Apotheker: Man muss miteinander gut auskommen

So hielt es auch Dr. Pesendorfer. Die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Apotheker, Dietmar Rakowitz und seiner Frau, die vor 15 Jahren aus Tirol ins Waldviertel übersiedelten, funktioniere sehr gut, erklärt der Hausarzt im Gespräch. Rakowitz pflichtet ihm bei: „Wir im tiefen Waldviertel müssen gerade im Gesundheitsbereich gut miteinander auskommen“, so der Pharmazeut, „immerhin ist unser Auftrag, die Bevölkerung zu versorgen. Ein Gegeneinander hat da keinen Platz.“ – So weit so gut.

Kein Impfstoff

Als Hausarzt Pesendorfer wieder einen seiner Impftage hatte, rief er in der Apotheke an, um den bestellten und von den Impfkoordinatoren um Notruf Niederösterreich freigegebenen Impfstoff abzuholen. Am anderen Ende der Leitung reagierte man überrascht: „Zu uns wurde kein Impfstoff gebracht“, erklärte eine Apothekenmitarbeiterin.

„Kann Leute nicht wegschicken!“

Dr. Pesendorfer fiel aus allen Wolken. In wenigen Stunden hatte er 24 Impfungen vorzunehmen. „Ich kann die Menschen ja nicht einfach nach Hause schicken. Nicht wenige haben eine lange Anreise hinter sich“. Jetzt hieß es, schnell zu reagieren. Da bei den Impfkoordinatoren nicht gleich jemand erreichbar war, versuchte er sein Glück bei einer Kollegin im Nachbarbezirk Gmünd. Ob sie nicht mit Impfstoff aushelfen könne? Ja, sie konnte. Spontan sagte sie zu, ihren Impfstoff, der eigentlich für die kommende Woche vorgesehen war, sozusagen als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. In der Hoffnung Ersatz bis zu ihrem Impftermin von den Impfkoordinatoren zu erhalten. Keine Selbstverständlichkeit, denn: „Oft muss man bitten und betteln, dass man rechtzeitig und vor allem zusätzlichen Impfstoff erhält,“ erzählen Ärzte hinter vorgehaltener Hand. „Wenn eingespielte Versorgungsketten durch ausbleibende Lieferungen unterbrochen werden, ist das in diesen Tagen eine zusätzliche Belastung“, stößt Apotheker Dietmar Rakowitz ins gleiche Horn. Vor allem, wenn der Impfstoff noch am gleichen Tag an Patienten verabreicht werden soll.

Presse nahm sich der Sache an

Journalisten hatten derweil von der Sache Wind bekommen und Notruf Niederösterreich um Stellungnahme gebeten. Und dann ging alles schnell: Die Misere des Hausarztes ohne Impfstoff und sein Hilferuf war bei Notruf NÖ angekommen. Die Impfkoordinatoren setzten ihre Maschinerie sehr rasch in Bewegung und schickten Ersatzimpfstoff aus einer nahegelegenen Impfstraße des Landes. Hier konnte man auf ein gut gefülltes Magazin mit Pfizer-Vakzin zugreifen.

Der Impftermin für 24 Personen, die teilweise weitere Anfahrtswege hatten, war gerettet. Die Patienten merkten nichts von den hektischen Aktivitäten hinter den Kulissen.

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(WP/13DEZ2021/Fotos: WP)

Foto: Erleichterung bei Hausarzt Dr. Pesendorfer (links): Er konnte seinen Impftag doch noch erfolgreich durchführen. Apotheker Dr. Rakowitz (rechts): Im Gesundheitsbereich müssen wir zusammenarbeiten.

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