Zeiten von Verhandlungen über Honorare sind nicht nur, aber gerade in der Ärzteschaft, Zeiten höchster Emotionen. Die meist komplexen Verhandlungsergebnisse werden oft unterschiedlich interpretiert und bewertet. Nicht selten bestimmt die Zugehörigkeit der „Exegeten“ zu einer bestimmten Fraktion in der Ärztekammer die Art der Auslegung.

In Oberösterreich wurde nun eine Einigung über einen neuen Gesamtvertrag für 2023/24 zwischen ÖGK und Ärztekammer verkündet, der allerdings die Kurienversammlung noch ihren Sanktus geben muss.

In Niederösterreich stehen die Verhandlungen noch bevor. Mit einem Endergebnis kann man frühestens Ende Juni rechnen. Dennoch haben bereits erste informelle Gespräche stattgefunden.

Im Nachbarbundesland scheint man über den Ausgang der Honorarverhandlungen zufrieden zu sein. Ein kurzer Überblick über die Erhöhungen:

• Tarife der Ärzte für Allgemeinmedizin um 12 %
• Tarife der (relativ umsatzschwachen) Fachgruppen Gynäkologie, Unfallchirurgie, Neurologie,
Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie um 15 %
• Tarife der (umsatzstärkeren und auch von der Abschaffung des Honorarsummenlimits
profitierenden) Fachgruppen Kinderheilkunde, Orthopädie und Urologie um 12 %
• Tarife der (von der Abschaffung des Honorarsummenlimits noch stärker profitierenden)
Fachgruppe Dermatologie um 11,8% und der Fachgruppe Chirurgie um 11,2%
• Anhebung der Tarife der (von der Abschaffung des Honorarsummenlimits besonders
profitierenden) Fachgruppen der Augenheilkunde um 8,7 % und der HNO um 8,85 %
• Anhebung der Tarife der Fachärzte für Radiologie um 7%
• Anhebung der Tarife des Labor VII um 4 %

Die Laborleistungen der Allgemeinmediziner und allgemeinen Fachärzte werden laut OÖ-Ärztekammer nicht valorisiert.

Einigung auf folgende „Strukturmaßnahmen“:

• Vollständige Abschaffung der sogenannten Staffellimitierung für Allgemeinärzte: Die Grundleistung für
die Allgemeinärzte wird unabhängig von der Anzahl der Fälle in voller Höhe honoriert (einziger
Unterschied bleibt lediglich noch der Zuschlag für die ersten 500 Fälle).
• Für den Besuch im Alten- und Pflegeheim können pro Tag zwei volle Visiten in der Höhe der
„gewöhnlichen“ Visite (Position 3) verrechnet werden. Nur wenn mehr als 2 Patienten am selben
Tag im Altersheim visitiert werden, kommt ab dem dritten Patienten der niedrigere Tarif der Mitvisite
zur Anwendung (diese Maßnahme führt zu einer zusätzlichen Honorarerhöhung für die
Allgemeinmedizin um etwa 0,7 %).
• Das Honorarsummenlimit für die allgemeinen Fachärzte wird zur Gänze abgeschafft
Lediglich für die Fachgruppen Innere Medizin und Lunge gibt es wegen der besonderen
Inhomogenität eine Sonderregelung.

Außerdem soll es Unterstützung von Einzelärzten und Gruppenpraxen zur Verbesserung der Personalausstattung analog den PVE erfolgen.

Weiteres, was speziell nur in Oberösterreich gelten soll: 

Die Möglichkeit einer 4-Tage Woche für Kassenärzte soll eingeführt werden, wobei allerdings
der derzeitige tatsächliche Versorgungsumfang dadurch nicht eingeschränkt werden dürfe.
• Gemeinsam mit dem Land soll ein Pilotmodell einer Randzeitenordination von einigen zentralen
OÖ Krankenhäusern konzipiert und umgesetzt werden, um einerseits Versorgungslücken im
niedergelassenen Bereich auszugleichen und andererseits die Spitalsambulanzen zu den
Tagesrandzeiten (vorgesehen ist die Zeit zwischen 17 und 23 Uhr) zu entlasten.
• Konzeption und Umsetzung eines Ärztebereitstellungsmodells: So wie auch in einigen anderen
Bundesländern solle eine gemeinsame Einrichtung geschaffen werden, die Ärzte beschäftigt und
mit diesen vakant gewordene Kassenstellen bis zur definitiven Besetzung betreut, bzw. bei
längerfristigen Ausfällen von Kassenärzten (etwa wegen der Betreuung von Kleinkindern)
aushelfen soll.
• Bei Ärzten, die über mehrere Fächer verfügen, sollte es in Zukunft möglich sein, im Einvernehmen
zwischen Kasse und Kammer bei bestehendem Bedarf für ein zweites Fach Sonderverrechnungsberechtigungen zu erteilen.

• Kassenärzte sollen in Zukunft in allfälligen Zweitordinationen auch ohne Zustimmung von Kasse
und Kammer alle Leistungen erbringen können, die in der Erstordination im Rahmen des
kassenfreien Raumes erbracht werden dürfen (im Unterschied zur bisherigen Rechtslage auch
komplementärmedizinische Leistungen).
• Der Stellenplan für die Kassenärzte, der die Schaffung einer ganzen Reihe zusätzlicher Stellen
in derzeit unterversorgten Fächern und Regionen vorsieht, soll zügig umgesetzt werden, um die
Patienten besser versorgen zu können, vor allem aber auch um die derzeit völlig überlasteten
Kassenordinationen zu entlasten.

Neuregelung beim Hausärztlichen Notdienst (HÄND)
Ab 1.1.2024 werden die 12-Stundendienste beim HÄND eingeschränkt. Spätestens dann wird der HÄND nur noch am Samstagnachmittag, an Sonn- und Feiertagen nachmittags, sowie in der Nacht bis 23 Uhr einen Visitendienst vorsehen. Ab 23 Uhr wird oberösterreichweit ein telemedizinischer Dienst eingerichtet. Da die Dienste damit erwartungsgemäß intensiver werden, soll es zu keiner aliquoten Kürzung der
derzeitigen HÄND-Honorare kommt, heißt es seitens der Ärztekammer Oberösterreich. Stattdessen sollen die HÄND-Honorare pro Stunde deutlich erhöht werden, und zwar spätestens ab 1.1.2024

Positives Verhandlungsergebnis

Das Ergebnis bringe demnach ein Plus bei der durchschnittliche Leistungsabgeltung von 12%, eine Einführung der Viertagewoche und die Verkürzung der „Hausärztlichen Notdienste“ von zwölf auf vier Stunden, fasst es eine Ärztin aus Oberösterreich zusammen.

Niederösterreich ein eigenes „Pflaster“

Auch wenn die Verhandlungsergebnisse in Oberösterreich durchaus Ansporn für Niederösterreich sein können, ein Umlegen derselben ist aber schon deswegen nicht möglich, weil die Strukturen im größten österreichischen Bundesland doch etwas anders geartet sind. Das heißt, die Verhandlungen zwischen der Österreichischen Gesundheitskassa (ÖGK) und der Ärztekammer im „Land unter der Enns“ sind dann doch eine spezielle Herausforderung mit ganz eigenen Vorzeichen.

(wp/24MAR2023)

Foto: Gert Altmann/pixabay

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