Die Chemie zwischen einem Teil der Hausärzteschaft in Niederösterreich und den Repräsentanten von Notruf Niederösterreich (NRNÖ), speziell dessen Chef, Christof Constantin Chwojka, ist nicht die beste. Viele der Hausärzte fühlen sich seit Beginn der Impfaktionen gegen Covid-19 gegängelt und machen Chwojka dafür verantwortlich. Bei schriftlichen Anfragen folgten wenig freundliche und eher flapsige Antwortmails aus dem Hause Notruf NÖ, ähnlich verhielt es sich bei Telefonaten. Allerdings gibt es auch Berichte, wonach sich in letzter Zeit die Zusammenarbeit zwischen NRNÖ und der Ärzteschaft verbessert.
Dennoch sitzt der Ärger über NRNÖ manchen Hausärzten tief in den Knochen. Denn statt ihre Patienten und alle, die es wünschten, einfach nach Bedarf impfen zu können, wurde den Hausärzten von Notruf NÖ regelmäßig vorgeschrieben, mit welchem Impfstoff an welchem Tag sie wen impfen dürfen. Zudem war der Impfstoff streng limitiert – und das bis in die Zeit hinein, als schon längst genügend Vakzine vorhanden waren.
Mangelnde Kooperationsbereitschaft?
Auch in den letzten Wochen krachte es immer wieder zwischen Hausärzten und den Impfkoordinatoren des Landes. Etwa wenn Ärzte mit großem Aufwand eine private Impfaktion in ihrer Kommune organisieren, extra Personal aufnehmen und ihre Patienten und noch Ungeimpfte einladen und plötzlich steht der Impfbus einen Tag vor der Tür. „Da fühlt man sich gefrotzelt“, so eine Ärztin aus dem westlichen Mostviertel. Denn viele angemeldete Patienten, für die man alles vorbereitet habe, lassen sich im Impfbus impfen und vergessen aufs Abmelden ihres Termins in der Ordination. „Die Impfkoordinatoren täten besser daran, den Impfbus dorthin zu schicken, wo es für die Bevölkerung keine ortsnahe Impfgelegenheiten durch Ärzte gibt und die Impfquote noch niedrig ist. Darauf zu achten, wäre eigentlich die Aufgabe von Herrn Chwojka!“
Keine Rücksicht auf private Impfaktionen
Aus Gründen von Fairness und Ausgewogenheit soll hier auch dem Kritisierten die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werden. Christof Chwojka, also der oberste Repräsentant von Notruf NÖ, entgegnet im Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen, wonach „alle Orte angefahren werden, die eine Impfquote unter 70% aufweisen“. Außerdem schicke man den Impfbus „auch in Gemeinden, wo Bedarf angemeldet werde, etwa durch den Bürgermeister“. Und zudem hätte man sich stets mit Ärzten, die Impfaktionen durchführten, abgesprochen. „Aber nur, wenn sie mit Notruf NÖ koopieren. Auf private Impfaktionen von Ärzten oder Vereinen können wir keine Rücksicht nehmen“, so der Nachsatz mit einem etwas fahlen Nachgeschmack.
Chwojka: Verstehe die Aufregung nicht
Trotzdem fände er, Chwojka, „es super, wenn ganz viele Impfaktionen stattfinden – auch von denen wir nichts wissen“. Allen, die eine Impfaktion planen, „empfehlen wir: schaut auf die Homepage von NRNÖ.“ Hier würden 14 Tage im Voraus angekündigt, wohin der Impfbus fährt. „Wir koordinieren uns mit der jeweiligen Gemeinden. Und wenn die Gemeinde dann sagt, an dem Tag geht es nicht, weil schon eine andere Impfaktion stattfindet, fahren wir auch nicht hin. Ich sehe da überhaupt kein Problem.“ Er frage sich vielmehr, was das Problem jener Ärztin sei, „die sich darüber aufregt. Hat sie zuwenig verdient?“ Auf den Einwand, wonach gut organisierte private Impfaktionen oft länger als vierzehn Tage Planung benötigen, vor allem, weil es auch immer wieder Probleme bei der Impfstoffbeschaffung gab, wollte Chwojka nicht eingehen.
Probleme bei der Impfstoffbestellung für Ärzte
Eine Ärztin klagte, dass sie immer wieder, wenn sie Impfstoff online bestellen wollte, Fehlermeldungen erhielt. Andere wiederum ärgerten sich über zu wenig gelieferten Impfstoff. Das sei oft enorm zeitaufwändig und nervig. Chwojka: „Eine Hausarzt-Ordination kann nicht einfach bestellen, was sie will. Wir von Notruf NÖ schauen uns an, ob das, was der Arzt bestellt, realistisch ist. Damit wollen wir Verwurf oder den Ablauf von Impfdosen vermeiden.“ Es könne nicht sein, so der Impfkoordinator, „dass eine Ordination 200 Impfwillige einplant, die nötigen Vakzine bestellt und dann kommen nur zehn Personen.“ Dann habe man das Problem mit dem Impfstoffverwurf, das müsse man vermeiden.
Offensichtlich traute man Ärzten seitens NRNÖ nicht zu, sich eigenverantwortlich mit Impfstoffen wie Pfizer oder Moderna einzudecken? Denn: Während Impfbussen uneingeschränkt Impfdosen zu Verfügung stehen, werden Ärzte nur mit einer genau limitierten Anzahl an sogenannten Vials, also Behältnisse mit dem jeweiligen Impfstoff, bedacht. „Dafür gibt es die verpflichtenden Anmeldungen in den Ordinationen, die zentral über NRNÖ verwaltet werden. Das schauen wir uns halt genau an,“ so Chwojka.
Hausärzte an der Kandare
Warum Chwojka die Niederschwelligkeit in Sachen Impfung bisher nur im Bereich der durchs Land fahrenden Impfbusse forcierte, die Hausärzte aber an die Kandare nahm, ist angesichts der großen Anzahl vorhandener Impfdosen nicht ganz nachvollziehbar.
Das Gespräch mit dem Impfkoordinator fand bereits gegen Ende Oktober im Rahmen einer Recherche für eine Tageszeitung statt.
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Foto: Impfbus vor dem Rathaus St. Pölten
(W. Pelz/Okt-Nov2021)