Für aufmerksame Beobachter wirkt es skurril, was der oberste Ärztevertreter Österreichs dieser Tage von sich gegeben hat, andere nennen es sogar „gefährlich“. Ärztekammerchef Thomas Szekeres empfahl nämlich Patienten bei ihrem zweiten Impftermin gegen das Corona-Virus auf einen anderen Impfstoff als beim ersten Mal zu setzen. Kurz danach ruderte Szekeres zurück und meinte, er sei missverstanden oder verkürzt zitiert worden. Man könne sich auch mit dem Erstimpfstoff immunisieren lassen.

Patient: „Erwarte mir klare Empfehlungen“

„Geht´s noch?!“, dachte sich Herbert F. aus dem Bezirk St. Pölten, „als Patient kennt man sich nicht mehr aus!“ Er stornierte seinen Zweittermin beim Arzt. Jetzt ist er verunsichert und wollte die Stornierung rückgängig machen. Er erwarte sich sinnvolle Empfehlungen von einem Ärztevertreter und eine klare Linie, so der Patient.

„Gefrotzelte“ Ärzte

Zahlreiche Ärzte registrieren nicht nur die Verunsicherung der Bevölkerung, sie selbst fühlen sich von ihrem obersten Interessensvertreter „gefrotzelt“ – wie es etwa Hausarzt Dr. Bernhard Harb aus Herzogenburg ausdrückt. Manche aus der Ärzteschaft finden auch deftigere, hier aus medienrechtlichen Gründen nicht wiederzugebende Worte.

Impfstoff verwerfen

Was sollen die Hausärzte mit den für Impfungen vorgesehenen Vakzine machen, wenn die Patienten die Termine stornieren? „Schlimmstenfalls müssen wir den wertvollen Impfstoff verwerfen“, so Dr. Katja Kern aus St. Valentin. Das könne gerade in Zeiten in denen sich neue Mutationsformen des Corona-Virus ausbreiten, fatal für die Bevölkerung sein. Vielmehr sei eine „rasche Durchimpfung zur Immunisierung der Menschen das Gebot der Stunde“, erklärt Dr. Max Wudy, Hausarzt in Bad Vöslau.

Vierte Welle

Zudem fühlt sich ein Großteil der Ärzteschaft in Niederösterreichs von den Impfkoordinatoren bei der individuellen Beschaffung von Impfstoff schwer eingeschränkt. Es bekommen nur wenige ausgewählte Ordinationen Impfstoffe zugeteilt. Das wird als Bevormundung empfunden. Überdies seien die Bestellvorgänge in Ablauf und Organisation „eine Zumutung“. All dies, hinzukommende kontraproduktive Aussagen des Ärztekammerchefs und teilweise sich widersprechende Vorgaben von Verantwortungsträgern in Staat und Verwaltung, verzögern den Impffortschritt. Seitens „hausarzt konkret“ warnt man: „Das führt uns direkt in die vierte Welle“.

(wp/08.07.2021)

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