Es war ein langes Tauziehen zwischen Ärztekammer einerseits und dem Finanz-, Familien- sowie dem Gesundheitsministerium andererseits. Seit 1994 (!) gab es keine Valorisierung der Leistungen im Rahmen der sogenannten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Da man sich im Bund gegenüber den Forderungen der Ärztekammer taub stellte, drohte die Kammer zuletzt, die Kassenverträge für diese Leistungserbringung zu kündigen. Dann hätten Erziehungsberechtigte die Leistungen privat zahlen müssen. Die Untersuchungen für den Mutter-Kind-Pass sind verpflichtend. Sie sind Voraussetzung für den Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes.
Ein Angebot der öffentlichen Hand über 17 Mio Euro Ende 2022 lehnte die Ärztekammer ab. Vor zwei Wochen besserte der Bund nach und erhöhte auf 20 Mio Euro (19,75 Mio). Das sei akzeptabel, heißt es seitens der Bundeskurie der Niedergelassenen Ärzte, wiewohl man ursprünglich eine Erhöhung der Leistungsabgeltung um 77% für Inflation und Teuerung gefordert hätte. In Summe wäre das eine Betrag von 21 Mio Euro gewesen.
Man habe das Valorisierungsziel um 2% zwar verfehlt (75% statt 77%), das Ergebnis könne man jedoch akzeptieren, da man auch eine Verantwortung gegenüber den Betroffenen habe, hört man aus der Bundeskurie der Niedergelassenen.
Das heißt, es werden alle Tarife um 75% erhöht und zusätzlich der Leistungskatalog um psychosoziale Beratung, Hebammenberatung, Ultraschall und Hörscreening erweitert. Außerdem werde der Mutter-Kind-Pass zum sogenannten „elektronischen Eltern-Kind-Pass“ weiterentwickelt.
Jedenfalls werde hinkünftig regelmäßig über Honoraranpassungen mit der öffentlichen Hand verhandelt werden, heißt es aus der Bundeskurie der Niedergelassenen. Die Digitalisierung des Passes werde bis 2024 erfolgen.
Kinderärztin Kern: Nicht toll, aber akzeptabel
Kinderärztin Dr. Katja Kern aus St. Valentin sieht die Einigung grundsätzlich positiv: „Das Ganze ist einerseits ein Kompromiss und andererseits schon längst überfällig. Fast 30 Jahre keine Valorisierung von ärztlichen Leistungen vorzunehmen, ist beachtlich und in keiner anderen Berufsgruppe denkbar. Wichtig wäre“, so Kern, „dass in Zukunft regelmäßig verlässlich die Honorare den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden.“ Die nächste Valorisierung sei laut Ärztekammer für das vierte Quartal 2024 vereinbart. Außerdem sei essentiell, ergänzt Kern, „dass die Ordinationen nicht auf den für den elektronischen Eltern-Kind-Pass zu erwartenden Digitalisierungskosten sitzen bleiben“.
Kurienobmann Wudy: Wichtig für die flächendeckende Versorgung
Auch Dr. Max Wudy, Vizepräsident der NÖ-Ärztekammer, nennt das Verhandlungsergebnis zum Mutter-Kind-Pass zwischen ÖÄK und den zuständigen Stellen einen „Kompromiss“. Er sei, in Hinblick auf die Gesamtverantwortung, die die Ärzteschaft gegenüber der Bevölkerung hat, von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte angenommen worden. „Die Ärztekammer hat im Interesse der Patientinnen und Patienten und aus der Verantwortung heraus zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Versorgung der Vereinbarung zugestimmt“, so Wudy, seit wenigen Wochen Kurienobmann der Niedergelassenen in NÖ.
Der Beschluss der Bundeskurie gelte demnach auch für die Ärztekammer für Niederösterreich. Darüber hinaus haben die in erster Linie betroffenen Bundesfachgruppen – das sind jene für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und jene für Kinder- und Jugendheilkunde – sowie die Bundessektion Ärzte für Allgemeinmedizin und approbierte Ärzte der nun vorliegenden Vereinbarung zugestimmt. „Eine Kündigung des Vertrages zum Mutter-Kind-Pass ist somit aus derzeitiger Sicht abgewendet“, wertet Wudy die Sache positiv.
(wp/24MAR2023)